Nichts für Bewegungsmuffel – Kleines Wandertagebuch rund um Karlsruhe
Es ist Karfreitag, der 22. April 2011 und wir haben uns entschlossen, einfach mit Rucksack, Zelt und zu Fuß auf eine ca. 70 Kilometer lange Wanderung rund um Karlsruhe zu begeben. Es herrscht das schönste Osterwetter aller Zeiten, was uns beschwingt aus den Betten treibt.
Um genau 10 Uhr stehen wir unten vor unserem Wohnhaussilo und hatschen los, erst mal Richtung Turmberg. Es ist noch angenehm frisch (vielleicht 15, 16°C), die erste Hälfte der Strecke bekannt, so dass es munter losgehen kann. Über den Hohlweg (einer der wenigen, die es noch gibt hier in der Umgebung) beim Geigersberg geht’s vorbei am Tiergehege,
durch Hohenwettersbach
durch
und dann ein Stück an der Autobahn entlang, was in früheren Zeiten mal unsere Trainingsstrecke zur Vorbereitung auf den Marathon war. Die erste kurze Verschnaufpause
legen wir in der Nähe des „Gasthofes Tannweg“ ein und genießen die kühlen Schlucke aus Flasche und Trinksystem im Rucksack (wie modern doch alles sein kann, heutzutage …) und natürlich den herrlichen Blick auf den Wettersbacher Funkturm
uns vis-a-vis.
Nach guten zehn Minuten geht’s weiter
und wir schlagen uns wacker bis zum Infohäuschen in der Nähe des Eistreffs von Waldbronn durch. Es ist halb eins und im herrlichsten Sonnenschein genießen wir unser belegtes Weckle, strecken die Beine weit von uns und freuen uns, dass wir es schon bis hierhin geschafft haben. Weiter geht es also am Eistreff, dem Freibad, was unverständlicherweise geschlossen hat (obwohl die Temperaturen und das Wetter doch geradezu verlockend sind für einen Freibadaufenthalt) bis ins Zentrum von Waldbronn. Hier passieren wir ein kleines, beinahe unscheinbares Radio-Museum.
Da ich auf der Karte was von Kurpark gelesen habe, verlassen wir also den Wanderweg und folgen der Beschilderung zum Kurpark. Nun denkt ja jeder, in einem Kurpark gibt es auch ein Kurcafé,
was dann auch noch Eis im Angebot hat. Richtig! Nur leider hat es Karfreitag geschlossen!!! Das verstehe wer will, wir jedenfalls tun es nicht und haben für derlei Gehabe kein Verständnis. Aber so verdient eben der „Eisbär“ an uns sein Geld und wir können unsere Glieder ausruhen und unseren Mägen ein kühles Getränk und ein Eisel gönnen.
Im Kurpark von Waldbronn bleiben wir staunend vor weißblühenden
kleineren Bäumen und monströsen Mammutbäumen
stehen und genießen die Ruhe und Stille, die hier herrscht. Wir beobachten Gras pickende Enten,
in Reigen tanzende Goldfische
und lauschen den im Geäst der Bäume zwitschernde Vögel, die uns zum Weitermarsch mahnen.
Obwohl dieser Ort wirklich dazu einlädt, einfach die Picknickdecke auszubreiten, sich nieder und alle Fünfe gerade sein zu lassen, marschieren wir weiter und wissen dank seltsamer Beschilderungen nicht, in welche Richtung wir nun tatsächlich gehen sollen. Sollen wir nach links nach Etzenrot oder doch nach rechts nach Neurod? Unser Campingplatz liegt eigentlich an der Alb … Schließlich entscheiden wir uns für den höher gelegenen Wanderweg, der dann plötzlich mitten im Wald aufhört und kein Wegweiser auch nur andeutungsweise hätte sagen können, wo wir jetzt lang sollen: links oder rechts entlang? Wir entscheiden uns für den rechten Weg, was sich als nicht verkehrt erweist, denn man höre und staune: der Straßenlärm nimmt rasant zu. Und nach kurzer Zeit schon überqueren wir die L564, folgen einem Trampelpfad an den Bahnschienen entlang und erreichen kurz vor drei Uhr den „Campingplatz Albgau“.
Da dieser erst um 15 Uhr seine Pforten wieder öffnet,
wir (einige andere anscheinend auch)
aber durstig sind, genehmigen wir uns erst mal zwei Radler in der Kneipe. So gestärkt melden wir uns an mit unserem Zelt für eine Nacht. Eine halbe Stunde später sind wir schon eifrig mit dem Aufbau des Zeltes
beschäftigt und sind froh, dass wir es vorher wenigstens einmal getestet haben und jetzt nicht ganz so blind dastehen wie die Teilnehmer von „The Biggest Loser“ in ihrem Abnehmcamp. Außerdem sind wir ja erfahrene Camper und ein eingespieltes Team, so dass das Zelt in fast Null Komma Nix steht, eingeräumt ist und wir uns entspannt auf die Picknickdecke fallen lassen können. Die ist wirklich eine Supererfindung, denn sie wiegt nur ein paar Gramm und man muss nicht im (nassen) Gras sitzen.
Die KALTE Dusche darauf jedenfalls wirkt Wunder, denn von Duschmarken hatte man uns nichts gesagt und wir haben auch vergessen gehabt danach zu fragen. Na ja, ist eh nur für eine Nacht, morgen geht’s ja schon wieder weiter. Zum Glück, denn einladend wirken die sanitären Einrichtungen wirklich nicht. Ebenso der ganze Campingplatz, wie wir auf unserer anschließenden Begehungsrunde feststellen müssen. Irgendwie komme ich mir vor wie im falschen Film: runtergekommene Wohnwägen, zugemüllte Parzellen, die Besitzer oder Bewohner haben ihre besten Zeiten irgendwie auch schon hinter sich und die Anzahl der Briefkästen
am Eingang des Campis lässt wohl auch auf eher ausgestiegene oder gescheiterte Existenzen schließen. Egal, dafür schmeckt das Essen der Kneipe hervorragend und ich kann es ruhigen Gewissens weiterempfehlen.
Ostersamstag, 23. April 2011
Und es wurde doch kalt letzte Nacht … Dennoch starteten wir frohgelaunt nach einem ordentlichen Frühstück auf unserer Picknickdecke um viertel nach zehn. Es ging gleich vom Campi links auf den Graf-Rhena-Weg,
der uns, immer entlang der Alb,
nach Bad Herrenalb führen sollte. Also ich muss ja mal sagen, dass dieser Weg sehr, sehr schön ist, aber warum man nicht runter an die Alb darf,
ist mir ein Rätsel. Ist das alles Privatbesitz? Wie gerne hätte ich die Picknickdecke ausgerollt und mich in der Auenlandschaft
aufs Ohr gehauen. Aber nein, Stacheldraht mitunter hat uns dies verboten. Noch nicht einmal an ausreichend Bänke hat man gedacht. Kenn ich von irgendwoher: Mangelware!
Etwas verschwitzt trafen wir gegen viertel nach eins in Frauenalb
ein und konnten zum ersten Mal einen Blick in die Klosterruine
werfen, woran wir doch sonst immer nur mit Auto oder Bahn vorbeigeeilt waren. Eigentlich schade, dass man das Kloster nicht wieder aufbaut, wo doch noch so viel von dem Gemäuer
erhalten geblieben ist …
Doch von nun an sollte es uns besser gehen, denn Bänke gab es jetzt reichlich und irgendwann am Nachmittag passierten wir wieder einmal (die passierten wir schon einmal auf dem Kinzigtäler Jakobsweg 2010) die Grenze
zwischen dem Großherzogtum Baden und dem Königreich Württemberg.
Von dem herrlichen Wetter profitierten wir an diesem Tag reichlich und genossen intensiv den weiten Blicken über die Auenlandschaft.
Ein wirklich schönes Fleckchen Erde und dabei ganz in der Nähe!
Wir waren wirklich fix unterwegs, denn bereits um halb drei liefen wir in Bad Herrenalb
ein. Ein Eis und kühles Getränk im Kurcafé, dazu ein Toilettenpäuschen konnten uns fast vergessen lassen, dass wir ja noch weiter zum Campi mussten.
Doch dieses Mal trafen wir zu den üblichen Geschäftszeiten eines Campingplatzes im „Camping Jungbrunnen“ ein. Diesen erreichten wir ungefähr halb vier, nachdem wir den Ortskern
von
Bad
Herrenalb
hinter uns gelassen haben. Wir hatten zwar schon gelesen und gehört, dass mit dem Campingplatzbetreiber nicht gut Kirschen essen wäre, aber für die eine Nacht kümmerten wir uns nicht um das Gerede anderer, sondern schlugen unser Zelt direkt unter einer riesigen Eiche
auf, die meinem Mann später gleich noch als Trockner für seine in der Duschwanne gewaschenen Wäsche diente.
Ostersonntag, 24. April 2011
Es ist 8 Uhr. Da es auf diesem Campingplatz kein Frühstücksangebot gibt, packen wir alles zusammen und rüsten zum Aufbruch. Ein paar Tropfen von oben begleiten unseren Aufbruch, aber die sind nicht der Rede wert, so dass wir frohgelaunt im „Fricke Bäck“ in Bad Herrenalb zum Frühstück
einkehren. Und das muss ich mal lobend erwähnen: Es ist Sonntag, Feiertag, aber ein Kommen und Gehen herrscht hier, als gäbs kein Morgen. Und dabei immer freundlich, die Verkäuferinnen! Hier bekommen wir auch den köstlichsten Milchkaffee aller Zeiten. Die Milch ist so stark geschäumt, dass der Löffel
buchstäblich im Kaffee stehen bleibt!
Nach diesem wohltuenden Frühstück starten wir unsere nächste Etappe um viertel nach zehn, die uns nach Waldprechtsweier führen soll. Das erste Stück
geht gut bergan,
so dass wir schon beizeiten die langen Sachen gegen die kurzen tauschen können. Allmählich lässt sich die Sonne auch wieder blicken und verstärkt die Schweißausbrüche, aber wir wandern ja im Wald
unserem Ziel entgegen und so ist es angenehm schattig. Die ersten Kilometer kommen wir zügig voran, bis uns buchstäblich der Weg abgeschnitten wird. Baustelle! Wir hangeln uns beinahe am Abgrund entlang, an einem riesigen Bagger
vorbei und erreichen dank unserer Wanderstöcke unversehrt wieder festen Boden unter den Füßen.
Doch wie wir später feststellen müssen, hat man es mit Beschilderungen auf diesem Wegabschnitt nicht so. D. h. entweder die Schilder sind neu oder unsere Karte alt, denn da, wo wir eigentlich lang sollen, gibt es gar keinen Wanderweg.
Also lassen wir den Blick in die Karte und folgen den Beschilderungen, die uns dann doch ins Waldprechtstal
führen. Und das ist mal wunderschön. Ich glaube, dieser Weg hier ist mit Abstand der beste Wanderweg bis jetzt: weicher, angenehm zu laufender Waldboden, Schattenspendende Bäume rings umher und der Weg führt einen sanft bergan und wieder hinunter. Nichtsdestotrotz erreichen wir nach einigen Päuschen unseren letzten Campingplatz der Campingfreunde Bergwiesen Malsch e. V. in Waldprechtsweier. Das Wetter zeigt sich wieder von seiner schönsten Seite und wir können bei strahlendem Sonnenschein (irgendwie kommt es mir vor, als hätten wir die 30°C-Marke schon geknackt) unser Zelt
aufbauen. Um der Verdauung nach dem Abendbrot auf die Sprünge zu helfen, drehen wir noch unsere obligatorische Platzrunde und müssen feststellen, dass uns dieser Campi auch als Dauerstellplatz für unseren Wohnwagen gefallen könnte. Nur warum hier so viele Parzellen leer stehen, will uns nicht ganz einleuchten. Vielleicht kommen wir noch irgendwann dahinter …
Ostermontag, 25. April 2011
Obwohl es die längste Etappe an diesem Tag werden sollte, starteten wir erst gegen halb elf auf dem Campi und traten unsere letzten 24 Kilometer auf dem Saumweg
an. Aber auch hier waren wir vor Überraschungen, was die Beschilderung anging, nicht gefeit. Meistens fehlten die Wegweiser
ganz oder sie waren so sporadisch angebracht, dass wir uns lieber am Stand der Sonne orientiert haben, als ihnen folgen zu können. Auch war es das erste Mal, dass wir ohne jegliche
Marschverpflegung
hatschen mussten, denn 1. war Feiertag und 2. hatte der Campi nichts derlei anzubieten. Zum Glück hatte ich noch Studentenfutter und Energieriegel einstecken, die uns die nötige Energie gaben, die wir zumindest erst mal bis
Ettlingen
brauchten. Und hier gab es wieder die Speise mit den drei magischen Buchstaben: Eis.
Zuvor aber kamen wir am wohl kleinsten Soldatenfriedhof
der Welt vorbei, denn nur ein kleines Holzkreuz erinnert an acht erschossene deutsche Soldaten nur einen Monat vor Deutschlands Kapitulation im Mai 1945.
In der Nähe des Bahnhofes Ettlingen Stadt ließen wir uns erleichtert auf die Stühle des Eiscafés nieder und genossen diese erfrischende
Mahlzeit.
Das Eis war köstlich, wirkte wie ein Jungbrunnen und machte Mut zu den letzten
paar
Kilometern
bis zu uns
nach Hause.
Auch wenn es schwer fiel, aber wir hatschten weiter. So richtig mühsam wurde es ab der Hedwigsquelle,
aber keinesfalls langweilig, was an den Feldern
von Bärlauch
zu erkennen war. Da wir auch diese Strecke von unseren Marathonvorbereitungen gut kannten, schmolzen die restlichen Kilometer schnell dahin und unsere Miene heiterte sich immer mehr auf, je näher wir dem Ziel kamen. Und wie wir gedacht hatten, trafen wir auch gegen fünf Uhr nachmittags zuhause ein und begrüßten erst mal unsere haarigen Kinder, die unsere Nachbarin derweilen so lieb versorgt hatte.
Alles in allem war diese Wanderung rund um Karlsruhe sehr schön und bei dem herrlichsten Osterwetter aller Zeiten überhaupt sehr lohnenswert. Mit ordentlichem Equipment ausgestattet können wir diese Wanderung ruhigen Gewissens weiterempfehlen. Viel Spaß beim Nachwandern 🙂
Karlsruhe Durlach – Neurod ca. 14 km
Neurod – Bad Herrenalb ca. 18 km
Bad Herrenalb – Waldprechtsweier ca. 15 km
Waldprechtsweier – Karlsruhe Durlach ca. 25 km