5.9.22 Montag Serriéres en Chautagne – Yenne 29,9 km
Die Unterkunft in Serriéres lag auf einer Alternative des Jakobsweges, was gut war. Der Originalweg war nämlich durch einen Erdrutsch gesperrt worden. Anfangs ging es durch Wald an der Rhône entlang, ab Chanaz ging es steil den Berg rauf. Ab da gab es kaum noch Schatten und das bei 30°.
Chanaz ist touristisch gut erschlossen, hier kann man eine schöne Schifffahrt auf dem Lac du Bourget machen. Dafür war heute leider keine Zeit, Die Etappe war noch lang. Für einen Café au lait hat es aber gereicht, ich bin ja nicht auf der Flucht.
Irgendwo in den Bergen wurde ich ca. 1 km von einem schwarzen Hund begleitet, der es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, Pilgern den Weg zu weisen. Kein Scherz, andere Pilger berichteten das Gleiche. Ich fand das toll. Einige Wege sind hier seit Anfang August leider wegen Waldbrandgefahr gesperrt, wenn ich die Schilder richtig interpretiere. Hoffentlich wird das nicht zum Pilgerhemmnis.
Später ging es in praller Sonne durch Weinberge zu einer Kapelle hinauf und gleich darauf wieder steil bergab an die Rhône. In Yenne wird bei den Kapuzinern übernachtet, die bieten einen Pilgerpreis mit Halbpension. Ich bin gespannt, was es zu essen gibt.
6.9.22 Dienstag Yenne – Côte Envers 19,6 km
Heute gab es ein paar Höhenmeter, es ging von 200 auf 850 m rauf und wieder runter. Angeblich ist die Originalroute zur Zeit gesperrt, so dass alle Pilger auf die weniger schöne Alternative ausgewichen sind. Mittlerweile habe ich schon 10 andere Pilger getroffen.
Da keine anderen Übernachtungsmöglichkeiten vorhanden waren, gab es heute nur eine kurze Etappe unter 20 km. Dafür wird es morgen länger. Damit muss der Pilger leben. Die Gite ist ein altes Bauernhaus aus Lehm, es ist hier sehr ruhig. Zum Abendessen gab es Schweinebraten mit Linsen, das war lecker.
7.9.22 Mittwoch Cote Envers – Le Pin 34,8 km
Puh, war das anstrengend, knapp 35 km, einige Höhenmeter und kaum Schatten. Da kommt der Pilger ganz schön ins schwitzen. Der Weg ging weiter durch landwirtschaftlich genutzte Flächen und war unspektakulär. Wiesen, Kühe, Hunde und im Hintergrund Berge, das war’s.
Ein Städtchen gab es aber doch, nämlich Les Abrets, wo ich im Dönerladen Mittag aß. Ein bayrischer Pilger wollte sich nicht zu mir setzen, weil es dort kein Bier gab. So aß ich alleine, geschmeckt hat es trotzdem. Leider hat der Schuhladen nebenan pünktlich um 12 Uhr geschlossen, ich brauche nämlich dringend mal neue Einlegesohlen für die Wanderschuhe.
Dann ding es noch weitere 15 km durch dir bekannte Kulisse, bis Le Pin erreicht war. Die Ferienwohnung hier ist sehr schön, sogar zwei Ziegen zum streicheln gibt es.
8.9.22 Donnerstag Le Pin – La Cöte Saint André 27,1 km
Die Unterkunft war echt super und das inkl. Essen für donativo. 8:00 Uhr ging es auf die Strecke. In der Nacht hatte es gewittert und alles war nass. Es ging aber zu laufen. Nach etwa 10 km musste ein Hügel erklommen werden, von oben bot sich ein phantastischer Blick ins breite Tal. Der Abstieg war dagegen recht halsbrecherisch auf einem steilen Pfad mit losem Geröll.
Leider gab es auf der Strecke so gut wie keine Bank zum setzen und ausruhen, Mittag gab es daher auf dem Boden sitzend. Ich hatte mir vom Frühstück einen Muffin stibizt, sonst wäre Mittag ausgefallen. In La Frette war dann endlich eine geöfnete Bar, wo ich mir eine Cola gönnte. Der Rest des Weges war wieder schön auf der Höhe mit Blick ins Tal.
9.9.22 Freitag La Cöte Saint André – Revel-Tourdan 22,8 km
Heute war es ein schönes Pilgern, Sonnenschein, jedoch nicht so heiß, gute Wege, wenig auf und ab, tolle Ausblicke auf das große Tal, sogar Bänke für eine Rast waren vorhanden. So kann es gerne weitergehen. In Faramans gab es einen wunderschönen Rastplatz an einem See. Auch öffentliche Toiletten waren dort vorhanden und die waren kostenlos und sauber. Die Kirche in Revel-Tourdan hat einen Pilgerstempel. Alles in allem ein perfekter Pilgertag.
10.9.22 Samstag Revel-Tourdan – Chavanay 33,6 km
Heute war es schwer zu laufen. Am Anfang ging es noch, da gab es wieder schöne Ausblicke. Dann ging es neben der TGV Trasse entlang, die komplett eingezäunt ist. Vielleicht sollte man das auch in Deutschland machen.
Ich bin heute eine 5 km kürzere Variante gegangen, die landschaftlich gar nicht so schlecht war, aber zwei Nachteile hatte. Zum einen fand da ein Mountainbikerennen und ein Wandertag statt, zum anderen bestand der Weg zu mehr als der Hälfte aus faustgroßen Kieselsteinen. Man musste ständig aufpassen, wo man hintritt. Die Füße schmerzen und die nächste Blase ist da.
Hatte ich schon erwähnt, dass es heute wieder keinerlei Sitzmöglichkeiten und keine Bar oder Restaurant oder sonst irgendeine Einkaufsmöglichkeit gab? Erst in Chavanay gab es Bänke. Ich bin die Via Gebennensis im Jahr 2014 schon mal gegangen, so verlassen habe ich es aber nicht in Erinnerung. Überhaupt kann ich mich nur noch an sehr wenige Einzelheiten erinnern.
Was auch krass war, ist die Überquerung der Rhône. Man muss auf einem schmalen Pfad neben der Leitplanke bis zur Brücke gehen, dann über die Leitplanke klettern, auf einem schmalen Weg neben der stark befahrenen Schnellstraße die Rhône überqueren und dann wieder über die Leitplanke klettern. Eine andere Möglichkeit gibt es hier für Fußgänger nicht. Manchmal habe ich das Gefühl, es gibt in Frankreich ein Gesetz, das es verbietet, Wege, die mit dem Auto erledigt werden können, zu Fuß zurückzulegen. Haben die Franzosen überhaupt ein Wort für Fußgänger?
11.9.22 Sonntag Chavanay – St Julian Molin Molette 20,4 km
Nach einem für französische Verhältnisse sehr üppigen Frühstück ging es gegen 8:00 Uhr auf den Weg und dieser ging den ganzen Tag nur in eine Richtung, nämlich bergauf. Trotzdem ließ es sich ganz gut laufen, das Wetter war perfekt und die Stolpersteine selten.
Das schöne am bergauflaufen ist, dass man irgendwann ganz tolle Ausblicke hat. Heute konnte man in der Ferne sogar den Montblanc sehen. Kühe gibt es hier kaum noch, dafür Obstanbau und Pferde. Einen Esel habe ich auch gesehen. Die Unterkunft ist sehr schön, ich habe seit langer Zeit mal wieder ein Einzelzimmer.