22.8.22 Montag Fahrt nach Basel
Nachdem der Fuß so einigermaßen verheilt ist, habe ich mich entschieden, zurück nach Basel zu fahren und den Weg am nächsten Tag fortzusetzen. Der Rucksack wurde vorher noch etwas erleichtert und die Halbschuhe wurden durch Wanderstiefel mit einer deutlich härteren Sohle ersetzt.
Die Zugfahrt war unproblematisch, es gab sogar noch freie Sitzplätze. Eigentlich sollte der Zug nach Interlaken weiterfahren, aufgrund technischer Probleme mussten die Passagiere aber in Basel umsteigen. Da mir das gleiche auch schon passiert ist, kommt das wohl öfters vor.
Nach dem Einchecken in die Jugendherberge habe ich mir ein wenig die Stadt angesehen, die ist wirklich sehenswert. Bin auf morgen gespannt.
23.8.22 Dienstag Flüh – Delémont 26 km
Nach dem Frühstück ging es zur Straßenbahn, die Etappe nach Flüh bin ich ja bereits gelaufen. Aber was passiert, wenn man sich nicht auskennt? Man steigt entweder in die falsche Bahn oder in die falsche Richtung ein. Bei mir war es letzteres. Am Bahnhof habe ich es gemerkt und bin umgestiegen. Die Wartezeit war zum Glück nur kurz.
In Flüh angekommen ging es zuerst in den Supermarkt, Getränke sind wichtig für den Pilger. Gegen 9:00 Uhr ging es dann los und zwar bergan. Einige Kilometer stur bergan. Die Schuhwahl erwies sich als richtig. es gab wieder Schotter jeglicher Größe.
Das schweizer Jura ist gekennzeichnet durch ein ständiges Auf und Ab. Höhenzüge wechseln sich mit kleinen Tälern ab. Oben war es ganz still, außer den eigenen Schritten hörte man nur ein paar Vögel und Insekten. Kein Verkehrslärm drang bis dorthin durch. Schön.
In Soyhieres , wo man sich an der Tankstelle übrigens gut verpflegen kann, hätte ich in der Nähe der Straße bleiben sollen. Der Weg macht einen unnötigen Bogen, um noch ein paar Höhenmeter aufzuschlagen. Jetzt zwickt der rechte Fuß schon wieder, hoffentlich ist das was harmloses. Auf die nächste Zwangspause würde ich gerne noch eine Weile warten. Hab mal Blasenpflaster draufgepappt, hoffentlich hilft es.
Morgen soll es über den Mont Raimeux gehen, ich hab ziemlich viel Respekt davor. Eventuell werde ihn umfahren. Komoot bietet zwar eine kürzere Alternative an, aber wer Komoot kennt, weiß, was da manchmal für „Wege“ benutzt werden sollen. Gesundheit geht auf jeden Fall vor. Schaun wir mal.
24.8.22 Mittwoch Delémont – Moutier 16 km
Um es gleich vorweg zu nehmen, ja ich bin ein Stück mit dem Bus gefahren, aber nur eine Station. Aber der Reihe nach. Der Herbergsvater in Delémont meinte beim auschecken, es gäbe einen schönen Wanderweg durch das Tal. Ich solle einfach über die kleine Brücke gehen, dann wäre das ausgeschildert.
Na gut, dann mal los. Moutier war aber nirgends ausgeschildert, nur alle möglichen anderen Orte. Ich bin den Wegweisern gefolgt und es stellte sich heraus, dass ich mich auf der ursprünglich geplanten Route befand, die mich über den Mont Raimeux schicken will. Was nun? Für den Berg sind die Füße heute nicht gut genug, daher entschied ich mich, ab Rebeuvilier die Straße zu nehmen.
Anfangs klappte das auch ganz gut, den wenigen Autos konnte ich gut ausweichen. Dann sah ich auf der Karte einen Weg neben der Straße und bog in diesen ein. Das hätte ich besser gelassen, nach 500 m war der total zugewachsen. Hab mich trotzdem durchgekämpft. An der Bundesstraße angelangt, ging es durch einen Tunnel, welcher über einen Fußweg verfügte.
Irgendwann hörte der Fußweg auf und ich ging auf der Straße. Das war gar kein schönes Laufen. Immer auf der hut vor den Autos. So nahm ich die nächste Bushaltestelle zum Anlass, das Laufen für heute bleiben zu lassen und fuhr die eine Station nach Moutier. Schon komisch, für Autos und Eisenbahn ist im Tal genug Platz, der Fußgänger darf aber bitte über den 1300 m hohen Berg laufen.
25.8.22 Donnerstag Moutier – Tavannes 25 km
Als ich mir heute früh im Migros ein Brötchen für das Vesper für 60 Rappen kaufte, muss ich so bemitleidenswert ausgesehen haben, dass mir die Kassiererin gleich noch ein Werbetäfelchen Schokolade und eine Minitüte Kartoffelchips zusteckte. Das hat mich fast zu Tränen gerührt. Es sind eben die kleinen Dinge, die Freude bereiten.
Der heutige Weg begann mit etwas Straße, um nach 4 km in eine wunderschöne Schlucht abzubiegen. Das war toll, der Pfad war sehr gut ausgebaut, sonst hätte man da gar nicht langlaufen können. Danach ging es überwiegend auf breiten Schotterpisten durch etliche Viehweiden.
Zwei kurze, knackige Steigungen gab es, ansonsten war es ein moderates auf und ab. Die ersten 10 km haben nicht einmal die Füße wehgetan. Dann fing der Rechte wieder an, es war aber auszuhalten. Links scheint alles gut verheilt zu sein. Hab zur Abwechslung mal die Wrightsocks durch Falkesocken ersetzt. Eventuell hat das was gebracht.
Am Schluss der Etappe wurde der Wanderweg immer wieder künstlich von der Straße weggelegt, irgendwann bin ich dann einfach auf der wenig befahrenen Straße geblieben. Da ich erst 18:00 Uhr in die Ferienwohnung durfte gab’s Abendessen aus dem Migros auf einer Bank. Momentan muss ich mich zum Essen zwingen, weil ich gar keinen Hunger habe.
Die Ferienwohnung liegt etwas abseits und ist sehr schön, mit Blick auf die Berge.
26.8.22 Freitag Tavannes – Biel 23,4 km
Heute ging es ohne Frühstück los, in der Ferienwohnung gab es keins. Das wurde an der Tankstelle in Sonceboz nachgeholt, typisch französisch mit Croissant und Café au lait. Moment mal, bin ich nicht in der Schweiz? Irgendwie scheint die Sprache Einfluss auf den Lebensstil zu haben. Vorher musste ich aber noch durch ein kleines Industriegebiet und eine römische Via Ducta.
Der weitere Weg war abwechslungsreich, es gab neben den bekannten Viehweiden auch noch eine Zementfabrik, eine Umleitung, einen steilen Abstieg nach Heutte, jede Menge Brunnen und zum Schluss die Taubenlochschlucht. Die ist der Hammer. Wer in der Gegend ist, muss sie sich anschauen.
27.8.22 Samstag Biel – Murten Erholung an Bord
Was klingt, wie aus einem Kreuzfahrtprospekt, habe ich mir und vor allem meinen Füßen heute mal gegönnt. Am Wochenende ist es recht schwer, im Dreiseengebiet eine bezahlbare Unterkunft zu finden, darum geht es heute für 61 Franken mit dem Schiff über alle drei Seen nach Murten. Das habe ich mir verdient.
Vom Gedanken, unbedingt jeden Meter zu Fuß zurückzulegen, verabschiede ich mich allmählich. Es kommen auch so genug Kilometer zusammen und der Pilger Mittelalter wird auch mal ein Schiff oder eine Kutsche benutzt haben, wenn sich die Gelegenheit bot. Die Fahrt dauert gut drei Stunden, das Wetter ist angenehm, nicht zu heiß.
Durch die Schifffahrt war dann auch genug Kraft vorhanden, um sich mal die Stadt Murten anzuschauen. Normalerweise bin ich abends für so was zu kaputt, was schade ist. Es ist interessant und schön hier, da könnte man glatt mal Urlaub machen.
28.8.22 Sonntag Murten – Payerne 27,8 km
Hab im futuristischen Schlafsilo des Centre Löwenberg doch recht gut geschlafen, als der DJ, der eine Kaderveranstaltung einer Firma bespaßte, endlich fertig war. Nach dem Frühstück ging es zum Migros, der Sonntag geöffnet hat, um Vesper zu besorgen.
Danach führte der Weg durch die Altstadt von Murten und weiter durch einen schönen Wald unweit des Sees. Nach ungefähr 14 km war Avenches erreicht. Die Stadt kann mit Zeugnissen aus der Römerzeit punkten, gleich zwei Amphitheater gibt es hier. Danach ging es überwiegend auf Asphalt und Beton durch Landwirtschaft und Wohnsiedlungen nach Payerne, wo ich die Via Jacobi erreichte.