11.8.22 Donnerstag Hausach – Vesperstube Silberberg 20,3 km
Der Nordschwarzwald ist durchquert und das Hotel Eiche in Hausach sehr zu empfehlen. Nun wartet der Südschwarzwald darauf, bezwungen zu werden. Der Anstieg zum Farrenkopf hat sich nicht geändert, er ist immer noch steil und schweißtreibend. Hinzugekommen ist der Slalom um die Windräder, die mitten auf der alten Route stehen und per Neubeschilderung jedesmal ca. 100 m umgangen werden. Es gab also ein ständiges auf und ab auf schmalen Pfaden.
So waren die gut 20 km sehr anstrengend und das Eis, natürlich ein Schwarzwaldbecher, am Gasthaus Schöne Aussicht ein besonderer Genuss. Im Quartier herrscht Wassermangel, ich wurde angehalten, sehr sparsam zu sein. So muss die Kleiderwäsche heute ausfallen. Wenigstens ist im Matratzenlager genug Platz. Die Speise sind sehr einfach, aber genau das macht das Pilgerleben doch aus, oder?
12.8.22 Freitag Vesperstube Silberberg – Kalte Herberge 24,1 km
Heute war das Laufen nicht ganz so anstrengend wie gestern, trotzdem war die Anstrengung des gestrigen Tages noch zu spüren. Es ging durch ein Hochmoor am Blindensee und abwechslungsreich weiter zum Naturfreundehaus Brend unweit von Furtwangen, wo es ein leckeres Mittagessen gab (Spaghetti mit Hackfleischsoße, falls das jemanden interessiert).
Üblicherweise stellt sich nach so einer längeren Pause wieder ein leichter Schritt ein, heute ging es aber irgendwie zäh weiter. Nach mehreren Pausen erreichte ich gegen 16:00 das Gasthaus „Kalte Herberge“, wo ich ein Zimmer reserviert hatte.
13.8.22 Samstag Kalte Herberge – Hinterzarten 26,2 km
Nach einer erholsamen Nacht ging es gestärkt auf die heutige Etappe. Es gab weniger auf und ab, als auf den vorangegangenen Etappen, so dass ich ordentlich Meter machen konnte, es ging gut voran.
Gleich nach der Herberge gab es einen Schreckmoment, als zwei freilaufende Hunde auf mich zurannten. Ich blieb stehen und wartete, bis sie das Interesse an mir verloren hatten. Dann ging ich langsam weiter.
Der Weg belohnte mich immer wieder mit grandiosen Ausblicken, einfach herrlich. Am frühen Nachmittag erreichte ich den Titisee. Dort gab’s einen Schock, unglaublich viele Menschen. Na klar, es ist ja Samstag und Ferien sind auch noch. Trotzdem habe ich mit etwas Glück einen Platz im Café mit Seeblick ergattert und konnte mich für die gelaufene Etappe mit einem Eisbecher „Titisee“ belohnen. Dann ging es nach Hinterzarten ins Hotel.
14.8.22 Sonntag Hinterzarten – Wieden 30,6 km
Das war anstrengend heute. Zuerst ging der Weg noch sacht ansteigend bergauf, um die letzten Kilometer vor dem Feldberg zu einem schmalen und steinigen Pfad zu werden. Das quält ordentlich die Füße. Die Sohle meiner Wanderschuhe ist recht weich und man spürt jeden Stein und jede Wurzel.
Oben auf dem Feldberg war Massenandrang wie auf den letzten 100 km des Camino. Es war ja auch Sonntag und schönes Wetter. Einen Platz in der Hütte zum Kaffe habe ich trotzdem gefunden. Der Abstieg war etwas leichter als der Aufstieg und ab Notschrei war es auch wieder ruhig im Wald.
Der Weg bis Wieden zog sich, abgezäunte Weiden ließen manchmal nur einen schmalen, beschwerlichen Pfad zum laufen und dann musste ich auch noch vom Wiedener Eck ins Tal. Das Zimmer im Wiedener Eck war mir zu teuer (99 € für ein Einzelzimmer ist für Pilger arg viel). So standen über 30 km auf der Uhr und ich habe mir zwei Blasen gelaufen.
15.8.22 Montag Wieden – Kandern 35 km
Zum Glück hat mich eine Dame vom Hotel ans Wiedener Eck gefahren, der Tag wurde auch so schwer genug. So habe ich mir wenigstens die ersten zwei steilen Kilometer gespart. Es ging den Belchen hinauf, gleich von Anfang an straff bergauf. Die Aussicht oben war wieder grandios, allerdings habe ich mich angesichts der heutigen Strecke nicht lange dort aufgehalten.
Auf dem Weg zum Blauen habe ich Mittag gemacht, es gab Gulaschsuppe, lecker. Hätte ich gewusst, dass man dort auch übernachten kann, dann hätte ich das gemacht. So musste ich weiter und kam in ein heftiges Gewitter. Den Spruch „nichts ist wirklich wasserdicht“ kann ich nun aus eigener Erfahrung bestätigen. Wenigstens fanden sich in meinem Rucksack noch ein paar trockene Socken.
Den Gipfel des Blauen habe ich mir daraufhin erspart und bin drumherum gelaufen. Gegen 19:00 Uhr kam ich kaputt an der Unterkunft, eine Holzhütte mit Außendusche und Trenntoilette an. Interessant. Zum Abendessen schaffe ich es heute wohl nicht mehr. Hab eh noch 2-3 kg zuviel auf den Rippen.
16.8.22 Dienstag Kandern – Basel 30 km
Die Etappe fing gut an, endlich mal normale Waldwege, die der sportliche Hohenwanderer vielleicht langweilig finden mag, den geschundenen Pilgerfüßen aber etwas Entspannung bringen. Dachte ich. Irgendwie haben sich die Blasen an meinen Füßen gegen mich zusammengeschlossen, aus mehreren kleinen Blasen ist eine richtig große geworden. So kann ich keine größeren Etappen laufen.
Mittags gab es Currywurst mit Brot in der Burgruine Rötteln bei Lörrach, es ist eigentlich tolles Ambiente dort. Ich wollte dort 100 Euro kleinwechseln, das wurde wegen angeblichem Kleingeldmangel abgelehnt. Dabei ging das drei Kunden vorher noch problemlos. Vielleicht sehe ich schon aus, wie ein Ganove, dem man nicht trauen kann? Ich sollte mich rasieren.
Mit den Getränken habe ich mich heute verkalkuliert, es wurde wärmer als gedacht. So musste ich in der Schweiz für viel Geld Trinkbares nachkaufen. Die nehmen mancherorts tatsächlich für 0,1 l Leitungswasser 50 Rappen.
Die Jugendherberge ist nüchtern und zweckmäßig, ich bin in einem 4er Zimmer. Wenigstens habe ich ein Bett unten. Mal schauen, was ich morgen mache.
17.8.22 Mittwoch Basel – Flüh 18,6 km
Endlich mal wieder eine kürzere Etappe und endlich mal wieder Asphalt. Huch, habe ich das geschrieben? Im Ernst, aufgrund der Blasen am Fußballen spüre ich jedes Steinchen auf dem Weg, da sind glatte Wege eine Wohltat. An- und Abstiege waren nur wenige vorhanden.
Der Weg führte aus Basel raus am Stadion des FC Basel vorbei und durch Plattenbausiedlungen. Auf freiem Feld angekommen, musste ich ein Gewitter auf einer Bank unter einer alten Linde absitzen. Zum Glück war es nicht allzu lang.
Dann ging es durch das hübsche Städtchen Therwil, wo es am Kiosk Mittag gab. Der weitere Weg ging durch Felder, auf denen im Wesentlichen Mais, aber auch Kürbisse angebaut werden. Zum Glück durfte ich schon 16:00 Uhr in die Unterkunft, normalerweise ist die erst ab 17:30 zugänglich. Dann hätte ich aber noch ein weiteres Gewitter abbekommen.
18.8.22 Donnerstag Unterbrechung der Pilgerreise
Leider ist es mit meinen Füßen nicht besser geworden, unmöglich, damit die nächsten Etappen zu laufen, zumal Kurzetappen aufgrund fehlender Übernachtungsmöglichkeiten nicht gehen. So habe ich mich schweren Herzens entschlossen, ein paar Tage heimzufahren uns mich auszukurieren. Alles andere wäre unverantwortlich gewesen.
Mein Fehler war vermutlich, dass ich den ganzen Weg bis zur Schweizer Grenze vorgebucht hatte und diesen Plan auch einhalten wollte. Dabei hätte ich am Titisee einen Tag Pause gebraucht. Dann wären mir die Probleme vielleicht erspart geblieben. Der Weg erzieht den Pilger.
Sobald ich wieder schmerzfrei laufen kann, geht’s weiter. Bei der Gelegenheit kann ich gleich mal alles durchwaschen und die Ausrüstung korrigieren. Die Luftmatratze fliegt aus dem Rucksack, dafür kommt eine bessere Regenhose mit. Eventuell tausche ich auch die Schuhe. Also bis bald, euer Enrico.
Lieber Enrico, ich finde es klasse!! Danke fürs virtuelle Mitreisen dürfen! Wünsche weiterhin viele wundervolle Wege und gute Unterkünfte… ach ja, und angenehmes Pilgerwetter!! Herzliche Grüsse Birgit.
Liebe Birgit,
vielen Dank für dein Lob. Hoffentlich bin ich recht schnell wieder fit, damit die Reise weitergehen kann.
Viele Grüße Enrico